Der am vergangenen Freitag veröffentlichte Bericht des Rechnungshofes zum Nationalpark Hohe Tauern weist auf eine zentrale Herausforderung für den ältesten Nationalpark Österreichs hin: die Klimakrise. Der Österreichische Alpenverein als bedeutendster Grundeigentümer mit 333 Quadratkilometern Anteil sorgt sich ebenso um die Schutzgüter des Nationalparks wie der Rechnungshof und unterstreicht auch dessen Bedenken für die geplanten Rückhaltebecken in den Sulzbachtälern.
„Der Alpenraum und damit auch der Nationalpark sind besonders stark von der Klimaerhitzung betroffen: Die Temperatur steigt hier schneller als in anderen Regionen“, lässt der Bericht des Rechnungshofes zum Nationalpark Hohe Tauern vom 14. Juli 2023 aufhorchen. Der Nationalpark erstreckt sich über die Länder Kärnten, Salzburg und Tirol und ist der älteste Nationalpark Österreichs. Er ist außerdem nicht nur der größte Nationalpark der Alpen, sondern auch eines der größten Schutzgebiete im mitteleuropäischen Raum. Instabiles Gelände durch Gletscherschmelze und auftauende Permafrostböden, mehr und mehr extreme Wetterereignisse und sich deshalb verändernde Lebensräume für geschützte Flora und Fauna zählen zu den Folgen der Klimaerwärmung in diesem Gebiet. Besonders Hochwasser stellt in diesem Zusammenhang ein immer größer werdendes Problem dar.
Erhalt des Schutzgebietes hat Priorität
Der Österreichische Alpenverein ist als Naturschutzorganisation und bedeutendster Grundbesitzer im Nationalpark besorgt. “Für uns hat der Erhalt des Schutzgebietes und somit der Artenschutz, neben dem Schutz der einheimischen Bevölkerung, oberste Priorität. Die geplanten Rückhaltebecken in den Sulzbachtälern, die den Oberpinzgau vor Hochwässern schützen sollen, würden in den Nationalpark, ja selbst in die Kernzone und das Wildnisgebiet eingreifen. Das sehen wir als Alpenverein sehr kritisch”, sagt Liliana Dagostin, Leiterin der Abteilung Raumplanung und Naturschutz im Österreichischen Alpenverein. Dass der Hochwasserschutz notwendig ist, stellt der Alpenverein nicht in Frage, schließt sich aber ausdrücklich der Empfehlung des Rechnungshofs an, zuerst nach Alternativen für die geplanten Rückhaltebecken zu suchen, bevor Baumaßnahmen im Schutzgebiet forciert werden. Nach Ansicht des Rechnungshofs könnten die geplanten Dämme sowie die Arbeiten zu ihrer Errichtung und der Räumung der Becken nach einem Hochwasser die Schutzziele des Nationalparks gefährden. Die projektierten Retentionsräume liegen nämlich fast zur Gänze in ökologisch sensiblen Bereichen im Nationalpark Hohe Tauern.
Alpenverein und Nationalpark Hohe Tauern
Die Mitarbeit an der Realisierung des ersten österreichischen Nationalparks in den Hohen Tauern war für den Österreichischen Alpenverein in den 1980er Jahren eine gewaltige Herausforderung. Er konnte jedoch seine Vorstellungen von Besucherlenkung, der freien Zugänglichkeit, dem Schutzhüttenbereich und der Förderung des traditionell ausgeübten Alpintourismus erfolgreich einbringen. Heute sind die unterschiedlichen Schutzgebietskategorien allgemein etabliert und bekannt. Durch die tiefe Verbundenheit mit dem Nationalpark Hohe Tauern sind im Rahmen des ÖAV-Patenschaftsfonds viele Kooperationen und Projekte im Laufe der Jahre umgesetzt worden, wie etwa naturkundliche Führer, die Glocknerrunde als Grundstein für die Umrundung des Großglockners oder der Einsatz für den Erhalt der Isel, Tirols einzigem Nationalparkfluss.